Pflanzenschutz und Gewässerschutz
Pflanzenschutzmittel unterliegen in Deutschland einem umfangreichen Zulassungsverfahren. Mit der Zulassung verbindet die Zulassungsbehörde eine Reihe von Maßnahmen, um etwaige Risiken bei der Anwendung zu vermindern. Trotzdem gelangen Pflanzenschutzmittel und ihre Abbauprodukte (Metaboliten) vermehrt in die Umwelt und damit auch in Grundwasser, das gegebenenfalls der Trinkwassergewinnung dient. In Niedersachsen wurden im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie in den vergangenen Jahren intensive Grundwasser-Monitoringuntersuchungen durchgeführt. In vielen Grundwassermessstellen werden regelmäßig PSM-Wirkstoffe und ihre Metabolite gefunden, manchmal auch in Konzentrationen über dem Trinkwassergrenzwert. Der aktuelle Bericht des NLWKN „Wirkstoffe und Metabolite im Grundwasser Datenauswertung 1989 – 2013“ (als Download am Seitenende verfügbar) gibt einen aktuellen Überblick über die Belastungssituation in Niedersachsen.
Rechtliche Grundlagen
Gewässerschutz in der Landwirtschaft ist durch die europäische Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG) geregelt. In Deutschland wurde diese u. a. durch die Verordnung zum Schutz des Grundwassers (GrwV) vom 09.10.2010 umgesetzt. Oberflächen- und Grundwasser werden entsprechend regelmäßig von Aufsichtsbehörden sowie Trinkwasserherstellern auf Wirkstoffrückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht.
Sauberes Trinkwasser darf durch Pflanzenschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft nicht gefährdet werden. Dies wird einerseits durch ein sicheres Zulassungsverfahren der Pflanzenschutzmittel gewährleistet und andererseits durch eine sachgerechte und ordnungsgemäße Anwendung in der Praxis. Neu entwickelte Pflanzenschutzmittel müssen dazu immer höhere Standards erfüllen, wie z. B. die vollständige biologische Abbaubarkeit. Auch alle sachkundigen Anwender und Verkäufer von Pflanzenschutzmitteln sowie Pflanzenschutzberater unterziehen sich im Rahmen der Fortbildungspflicht im Pflanzenschutz alle drei Jahre einer regelmäßigen Schulung.
Diese Maßnahmen stellen sicher, dass Pflanzenschutzwirkstoffe und deren relevante Abbauprodukte (= Metaboliten) den gesetzlich vorgegebenen Grenzwert von 0,1 µg/l im Trinkwasser nicht überschreiten. Beim Abbau von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen im Boden entstehen auch sog. nicht relevante Metaboliten, die keine pestizide Wirkung u. a. mehr haben (s. Tabelle unten). Für nicht relevante Metabolite gilt der genannte Trinkwasser-Grenzwert nicht, sie sind gemäß der Trinkwasserverordnung im Trinkwasser jedoch nicht geduldet (§ 6 TrinkwV).
Definition relevanter und nicht relevanter Abbauprodukte (Metabolite) von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen
Für die nicht relevanten Metabolite gelten unterschiedliche Vorsorge- bzw. Orientierungswerte. Während bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ein Wert von max. 10 µg/l toleriert wird, werden vom Umweltbundesamt gesundheitliche Orientierungswerte (GOW) empfohlen, mit denen eine Aufnahme dieser Stoffe kurz- bis mittelfristig keinen Anlass zur gesundheitlicher Besorgnis geben, trinkwasserhygienisch allerdings bedenklich sind. Die GOWs liegen je nach Wirkstoff bei 1 oder 3 µg/l und sind langfristig grundsätzlich nicht hinnehmbar. Die GOW-Werte werden von Wasserversorgungsunternehmen in der Regel als Eingriffswerte verwendet, um bei Überschreitungen entsprechende Sanierungsmaßnahmen der betroffenen Förderbrunnen durchzuführen.
Fundaufklärung
Die Fundaufklärung gestaltet sich in der Regel nicht einfach. Der Kenntnisstand zur Häufigkeit von PSM-Nachweisen, zu den Konzentrationsbereichen sowie zu den Eintragsquellen von Pflanzenschutzmitteln aus unterschiedlichen Agrarregionen innerhalb eines Flussgebietes oder Grundwasserkörpers ist lückenhaft. Sie können aus unterschiedlichen Quellen bzw. über verschiedene Transportpfade in Gewässer gelangen:
Diffuse Quellen
- Versickerung auf Ackerflächen
- Abdrift während der Ausbringung
- Oberflächenabfluss (Run-off) und erodiertes Bodenmaterial
- Ausfluss aus drainierten Ackerflächen
- Abschwemmungen von befestigten Wegen
Punktquellen
- Hofabläufe aus Landwirtschaftsbetrieben, die über Kläranlagen oder direkt in Vorfluter gelangen (durch unsachgemäße Gerätereinigung/Entsorgung/Transport von PSM)
Der Zulassungsinhaber des PSM ist bei Grenzwertüberschreitungen über die Zulassung verpflichtet, eine Fundaufklärung vor Ort zu betreiben. Dabei gibt es viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die für einen Wirkstoffeintrag verantwortlich sein können. In erster Linie betrifft diese die Lokalisierung des Eintragsortes. Grundwasser kann im Laufe der Jahre erstaunliche Wege mit mehr als 50 km zurücklegen, so dass der potentielle Eintragsort ggf. sehr weit weg vom Brunnen liegen kann, in dem der Fund ermittelt wurde. In vielen Fällen konnte zudem festgestellt werden, dass das Wasser, in dem kritische Wirkstoffe ermittelt wurden, teils bis zu 30 Jahre alt ist – ein Nachweis dafür, dass der Wirkstoffeintrag nicht durch aktuelle Anwendungen aus den letzten Jahren stammen kann.
Durch Klärung der Ursachen für Einträge in das Grundwasser und die Ermittlung des Ausmaßes der Belastung kann die Zulassungsbehörde die Zulassung überprüfen und ggf. entsprechende Risikomanagementmaßnahmen treffen (z. B. neue Auflagen zum Schutz des Grundwassers bis hin zum Widerruf der Zulassung). Für Wasserbehörden/-versorger besteht bei erfolgreicher Ursachenermittlung die Möglichkeit der Sanierung.
Wichtige Anwendungsbestimmungen und Auflagen zum Grundwasserschutz für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln
Die Zulassungsbehörde für Pflanzenschutzmittel, das Bundesamt für Verbrauchschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) setzt im Rahmen der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln oder auch danach als Risikominderungsmaßnahmen bußgeldbewehrte Anwendungsbestimmungen zum Schutz des Grundwasser fest, die bei der Anwendung der Pflanzenschutzmittel zu beachten sind. Die Nichtbeachtung dieser Anwendungsbestimmungen kann ordnungsrechtlich geahndet werden und mit Bußgeld und ggf. gleichzeitig durch Sanktionen von EU-Direktzahlungen führen.
Risikomanagement zum Gewässerschutz durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Gewässerschutz. Wasserschutz- und Pflanzenschutzberater der LWK gehen dabei gemeinsam vor, wenn es um die Vermeidung des Eintrags von PSM-Wirkstoffen in Grund- oder Oberflächenwasser geht oder darum, die Ursachen eines Eintrags aufzudecken.
Um in der Praxis zu diesem Thema aufzuklären und zu sensibilisieren, führt die LWK seit langem landesweit zahlreiche Informationsveranstaltungen über wichtige gewässerschutzrelevante Themen durch. Dazu gehören beispielsweise der Integrierte Pflanzenschutz, die ordnungsgemäße Lagerung/Entsorgung von Pflanzenschutzmitteln, die Vermeidung von Punktquelleneinträgen, moderne Gerätetechnik, Einhaltung von Gewässerabständen und die Vermeidung von Feldabschwemmungen (run off). Im Rahmen der verpflichtenden regelmäßigen Fortbildungspflicht für alle Sachkundigen im Pflanzenschutz gehört der Gewässerschutz zu einem festen Bestandteil der angebotenen anerkannten Fortbildungsmaßnahmen der LWK. Über den Warndienst der LWK und diverse Fachzeitschriften werden regelmäßig gewässerschutzrelevante Artikel veröffentlicht. Im Rahmen der Beratung wird Hilfestellung bei der Fundaufklärung für Wasserversorger und in von der LWK betreuten Gebietskooperationen geleistet.
Eine wichtige Aufgabe der LWK für einen effektiven Grundwasserschutz ist die Durchführung von Freilandversuchen mit Pflanzenschutzmitteln mit dem Ziel, regionalspezifische alternative Bekämpfungsstrategien zu entwickeln. Dabei werden die Gewässergefährdung alternativer Wirkstoffe, aber auch die Wirksamkeit, das Resistenzrisiko und die Wirtschaftlichkeit beachtet. Mit einem neuen Wirkstoffmanagement werden spezielle Anwendungsempfehlungen entwickelt, mit denen sensible Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, die in Wasserschutzgebieten im Grundwasser gefunden werden, mit reduzierten Aufwandmengen und differenzierter Wirkstoffauswahl eingesetzt werden sie können sogar durch alternative Wirkstoffe ganz ersetzt werden.
Neben einer umfangreichen Beratung zum Thema Gewässerschutz führen die Prüfdienste der LWK regelmäßig Kontrollen zur Einhaltung pflanzenschutzrechtlicher und gewässerschutzrelevanter Vorschriften durch. Diese Fachrechtskontrollen beinhalten z. B. die die Einhaltung des vorgeschrieben Gewässerabstandes und der Auflagen zum Schutz des Grundwassers sowie die Kontrolle der betrieblichen Aufzeichnungen über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.
Zu Fragen hinsichtlich des Gewässerschutzes stehen als Ansprechpartner die Kollegen der Fachgruppen 3 der 11 Bezirksstellen der LWK Niedersachsen zur Verfügung sowie die regionale Wasserschutzberatung.
Fazit
In den nächsten Jahren müssen weiterhin große Anstrengungen für den Gewässerschutz unternommen werden. Durch die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln muss sichergestellt sein, dass diese den Naturhaushalt nicht beeinträchtigen und nicht über Grund- und Oberflächengewässer ins Rohwasser für die Trinkwasserversorgung gelangen. Hersteller von Pflanzenschutzmitteln, Zulassungsbehörde und andere Behörden, Beratungsinstitutionen, Agrarhandel und Anwender stehen daher gemeinsam in der Verantwortung zur nachhaltigen Reinhaltung der Gewässer vor Verunreinigungen durch Pflanzenschutzmittel und deren Abbauprodukte.
Auf folgenden Postern zum der LWK Niedersachsen finden Sie wichtige Themen zum Gewässerschutz:
Poster vorsorgender Wasserschutz
Poster Gute fachliche Praxis
Poster Eintragspfade
Poster zum Mais
Poster zum Raps
Poster zur Zuckerrübe
Internetseite Gewässerschutz LWK Niedersachsen
Weitergehende Informationen finden Sie ebenso beim NLWKN auf der Internetseite:
www.nlwkn.niedersachsen.de
http://www.nlwkn.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=8483&article_id=44047&_psmand=26
Poster NLWKN Pflanzenschutzmittelwirkstoffe in Niedersachsen
Poster NLWKN nichtrelevante Metabolite
Poster NLWKN Anbaukulturen
Anlage zu den Postern
Themenbericht NLWKN Pflanzenschutzmittel
Downloads
Kontakte
Janina Rathmann
Leiterin Sachgebiet Überwachung, Sachkunde, Anwendungstechnik
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