Bekämpfung der Möhrenfliege
Die Bekämpfung der Möhrenfliege an ihrer Biologie ausrichten
Mit dem Wegfall des langjährigen insektiziden Wirkstoffs Dimethoat scheint die Bekämpfung der Möhrenfliege auf den ersten Blick fast unmöglich. Allerdings ist sie nicht ganz so schwer, wenn man weiß, auf was man achten muss.
Die Möhrenfliege ist mit ca. 6 mm ein sehr kleines Insekt. Sie hat einen roten Kopf, einen schlanken schwarzen Körper und orange schimmernde relativ lange Beine (Abb. 1). Anhand dieser Merkmale lässt sie sich sehr gut von anderen Fliegen unterscheiden. Den Schaden richten die Larven der Fliegen an. Sie fressen zuerst an den Wurzeln und bohren sich später auch mit tiefen Gängen in den Wurzelkörper. Als Wirtspflanzen dienen neben den Kulturmöhren auch andere Pflanzen aus der Familie der Doldenblüter, wie z.B. Knollensellerie, wilde Möhre, Gartenkerbel oder Kümmel.
Einwanderung vom Vorjahresschlag
Die erste Generation der Möhrenfliege schlüpft Ende April aus den überwinterten Puppen in Vorjahresschlägen. Nach der Paarung begeben sich die Weibchen auf die Suche nach geeigneten Wirtspflanzen. Da sie relativ schlechte Flieger sind und nur ca. 100 m pro Tag zurücklegen, dauert es einige Zeit bis die Tiere die diesjährigen Möhrenschläge gefunden haben. Dabei erreichen auch nicht alle Tiere die Möhrenfelder (Abb. 2). Ab Anfang bis Mitte Mai sind die Tiere auf den Möhrenschlägen aktiv. Ein Weibchen lebt ca. 4 Wochen und kann in dieser Zeit ca. 100 Eier produzieren. Sie legen die Eier am Wurzelhals bzw. am Möhrenkopf ab. Die Larven wandern in den Boden und fressen zuerst an den Feinwurzeln und an den zu diesem Zeitpunkt noch jungen Rübenkörpern. Der Schaden durch die erste Generation bleibt in der Regel allerdings gering.
Populationsaufbau
Die zweite Fliegengeneration schlüpft Ende Juli auf dem Möhrenfeld. Sofern die Möhren nicht zwischenzeitlich gerodet wurden, haben die Möhrenfliegen keinen Anlass den Schlag zu verlassen. Die Population kann sich aufbauen und die Anzahl der Fliegen ist dementsprechend um einiges höher als die der ersten Generation. Die Weibchen halten sich tagsüber gerne in Gebüschstreifen auf und fliegen vom Feldrand her zur Eiablage wieder in die Schläge ein. Dies ist auch der Grund, weshalb der Befall am Rand des Schlages höher ist und zur Feldmitte hin abnimmt.
Erst das dritte Larvenstadium frisst sich in den Rübenkörper hinein und verursacht dort die typischen Fraßgänge. Daher befinden sich die Fraßgänge der Möhrenfliege meist im mittleren bis unteren Bereich des Rübenkörpers.
Schaden der zweiten Generation am größten
Um Schädigung der einzelnen Generationen herauszuarbeiten, wurde in einem Versuch des Pflanzenschutzamtes der Zufluges der einzelnen Generationen durch gezielte Netzabdeckung verhindert. Zusätzlich wurden die einzelnen Generationen auch separat mit einem Dimethoat-haltigen Insektizid oder in Kombination mit einem Cyantraniliprol-haltigen Präparat behandelt (Abb.3). In diesem Versuch zeigte der dreimalige Einsatz von Dimethoat weder bei der ersten noch bei der zweiten Generation eine Wirkung. Deshalb kann die gute Wirkung in den Varianten mit dem kombinierten Wirkstoffeinsatz, fast ausschließlich Cyantraniliprol zugeschrieben werden. Zwar sind die Ergebnisse in diesem Versuch sehr schön plakativ, wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass dieser Schwarz-Weiß-Effekt in anderen Versuchen und Jahren nicht immer so deutlich zu sehen war. Auch an Hand der Varianten zur Netzabdeckung zeigt sich, dass die zweite Generation die stärkeren und wirtschaftlich bedeutenderen Schäden verursacht und sich die Bekämpfung deshalb vorrangig gegen diese Generation richten sollte.
Gezielter Insektizideinsatz
Zur Bekämpfung der Möhrenfliege ist momentan nur das Präparat Minecto One mit dem Wirkstoff Cyantraniliprol zugelassen. Es dürfen 2x 187,5 g/ha eingesetzt werden. Die Wartezeit beträgt 7 Tage. Der Wirkstoff wird über Fraß und Kontakt aufgenommen. Die Wirkung beim Einsatz gegen Möhrenfliegen beschränkt sich sehr wahrscheinlich auf die adulten Tiere. Das Präparat sollte beim ansteigenden Flug der zweiten Generation eingesetzt werden. Dies ist in der Regel Anfang bis Mitte August der Fall, allerdings kann der Flugverlauf regional leichte Unterschiede aufweisen. Eine Wiederholung der Behandlung sollte bei sehr wüchsigen Bedingungen bereits nach 10-14 Tagen erfolgen. Bei geringerem Zuwachs kann der Abstand auch auf 21 Tage ausgedehnt werden. Zur Wirksamkeits-steigerung sollte unbedingt der Zusatz eines ölhaltigen Hilfsstoffs erfolgen. Bei der Ausbringung ist auf eine ausreichende Wachsschicht zu achten.
Einnetzung als Alternative
Die Abdeckung der Kultur mit Fliegenschutznetzen bietet insbesondere für den kleinflächigen und satzweisen Anbau von Bundmöhren eine Alternative zum Insektizideinsatz. Durch die Netzabdeckung wird verhindert, dass die Fliegen ihre Eier an den Möhren ablegen können. Die Netze sollten daher ab Auflauf über die Bestände gelegt und an den Rändern rundherum eingegraben werden. Ein Öffnen für Kulturarbeiten sollte über Mittag vorzugsweise an windigen Tagen erfolgen. Da erst das dritte Larvenstadium Schäden im Rübenkörper verursacht, kann das Netz ca. 3 Wochen vor der geplanten Ernte von den Kulturen entfernt werden.
Bei Waschmöhren kann die Einnetzung auch nur zur zweiten Generation in Erwägung gezogen werden, sofern eine leichte Schädigung der Möhren toleriert werden kann. Der Effekt des Einnetzens zum Flug der zweiten Generation basiert nicht in der Verhinderung des Zufluges, also des Aussperrens des Schädlings, sondern vielmehr im Einsperren der Fliegen. Da die Fliegen der zweiten Generation zwar unter dem Netz schlüpfen, aber nicht zur Paarung gelangen und auch keine geeignete Nahrung finden, wird die Populationsentwicklung stark eingeschränkt.
Flächenmanagement effektiv
Da die Fliegen nur selten größere Entfernungen als 1000 m im Laufe ihres Lebens zurücklegen, sind besonders diejenigen Schläge gefährdet, die sich in einem Umkreis von ca. 1 km um eine Vorjahresfläche befinden. Die Gefahr der Einwanderung in eine diesjährige Fläche ist umso größer, je höher die Anzahl der Vorjahresflächen in diesem Radius und je geringer die räumliche Nähe zu einer Vorjahresfläche ist. Die Gefahr eines Befalls sinkt also, je weiter die Flächen voneinander entfernt liegen. 1 km sollte dabei als Mindestabstand angepeilt werden. Da diese Maßnahme die effektivste Maßnahme ist, sollte sie bei der Flächenplanung so gut es geht berücksichtigt werden. Beachtet werden muss, dass auch aus den Flächen auf denen Waschwasser, Möhrenreste oder Erdreste aus dem Lager ausgebracht werden, Puppenschlupf stattfindet und sie für Neueinsaaten ebenfalls eine Gefahr darstellen.
Sollte ein sehr starker Zuflug bereits der ersten Generation auf einer Fläche zu beobachten sein, kann – sofern es die Gegebenheiten zulassen – auch durch die Verfrühung des Rodetermins ein Starkbefall verhindert werden.
Flugüberwachung als Basis
Die Überwachung des Fluges der Möhrenfliege bildet die Basis für alle oben genannten Maßnahmen. Hierzu werden orange Klebefallen auf dem Feld aufgestellt. Die Fallen sollten in der Nähe von schützenden Saumstrukturen und ggf. zur erwarteten Einflugsrichtung aus einer Vorjahresfläche ausgerichtet sein. Die Fallen werden in einem 45 °-Winkel zum Boden ausgerichtet und sollten sich relativ nah am Boden befinden (Abb. 4). Pro Feld sollten ca. 3 Fallen platziert werden. Die Auszählung der Fliegen sollte wöchentlich erfolgen.
Einfluss des Klimawandels
Der Flugzeitraum der Möhrenfliege hat sich in den letzten Jahren, trotz der wärmer werdenden Frühjahre, nicht nennenswert verfrüht. Kontinuierlich ließ sich das Auftreten von zwei vollständigen Generationen nachweisen, deren letzte Aktivität meist Ende September zu beobachten war. Im letzten Jahr konnte jedoch verstärkter Flug auch noch im Oktober festgestellt werden. Es könnte sich hierbei um das Auftreten der ersten Tiere einer dritten Generation handeln. Da davon auszugehen ist, dass die Larven dieser Generation nicht mehr zur Verpuppung gelangen, ist ihr Auftreten momentan noch nicht von großer Bedeutung.
Anders als die Puppen, die gegenüber höheren Temperaturen weniger empfindlich sind, reagieren die jüngsten Larvenstadien der Möhrenfliege auf Hitzeperioden sehr sensibel und sterben ab. Der Klimawandel könnte deshalb zukünftig einen reduzierenden Effekt auf das Auftreten der zweiten Generation haben. Momentan ist dies aber unter norddeutschen Verhältnissen noch nicht der Fall.
Fazit
- Flächen räumlich mindestens 1 km von Vorjahresflächen trennen
- Waschwasser, Möhren- und Erdreste nicht in der Nähe einer Neueinsaat ausbringen
- Regelmäßige Flugkontrolle mit orangenen Klebetafeln
- Netze und Verschiebung des Rodezeitpunktes als weitere Bekämpfungsmaßnahmen nutzen
- Minecto One zum Flug der zweiten Generation einsetzen
- Eine Liste der zugelassenen Insektizide finden Sie unter
www.lwk-niedersachsen.de Webcode 01039161
Kontakte
Dr. Alexandra Wichura
Leiterin Fachbereich Ökologischer Landbau
Ulrike Weier
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