Pflanzenschutzdienst

Mal was Neues bei der Beizung in Kartoffeln

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Ende Januar wurde ein neues Beizmittel für Kartoffeln mit dem Namen Allstar zugelassen. In diesem Artikel ordnen wir das Produkt gegenüber den anderen zugelassenen Produkten ein.

Beiztechnik

Die Flüssigbeizung und die Furchenbehandlung sind die Standardmethoden zur Bekämpfung pilzlicher Schaderreger bei der Beizung. Das ULV (Ultra Low Volume) oder Mantis Verfahren kommt sehr selten zum Einsatz. Denn es erfasst nur den Rhizoctonia Erreger auf der Knolle und nicht den im Boden. Das ULV Verfahren hat keine Bedeutung, deshalb gehen wir nicht darauf ein.

 

Die wichtigsten Krankheiten, gegen die gebeizt werden kann

Rhizoctonia solani ist die bekannteste Knollenkrankheit und führt mit den schwarzen Sklerotien zu einem optischen Vermarktungsproblem. Der Pilz kann auch die Sortierung negativ beeinflussen. Kommt es

Rhizoctonia und Silberschorf auf der Knolle
Rhizoctonia und Silberschorf auf der KnolleJürgen Pickny
z.B. zu Stolonenbefall, werden zahlreiche neue Seitenstolonen gebildet. Hierdurch entstehen viele kleine, teilweise deformierte Knollen, die sogenannten Grützeknollen. Erhebliche Qualitätsprobleme verursacht auch das dry-core-Symptom. Es handelt sich hierbei um Löcher von ca. 3 mm Durchmesser, die von der Knollenoberfläche bis ca. 1 cm tief in die Knolle reichen. Wegen dieses Aussehens werden sie leicht mit Drahtwurmfraß verwechselt. Sie entstehen, wenn Rhizoctonia solani durch die Lentizellen in die Knollen eindringt. Dies ist bei feuchten Bodenbedingungen besonders gut möglich. Diese Symptome können durch Drahtwurmbefall gefördert werden.

Silberschorf befällt nur die Knollen. Das Schadbild ist in der Ernte meist nur gering ausgeprägt. In der Regel entwickeln sich diese Symptome, die der Krankheit den Namen geben, erst während der Lagerung. Die silbergraue Färbung an der Knolle entsteht, wenn sich die befallenen Korkzellen vom übrigen Zellverband lösen und Luft in diesen Hohlraum eindringt. Das Licht wird reflektiert und ruft die silberartige Verfärbung hervor.

Die Colletotrichum-Welkekrankheit verursacht auf der Knollenschale Symptome. Die hell- bis dunkelgrauen, 

Links gesunde Knolle, rechts Silberschorf und Colletotrichum
Links gesunde Knolle, rechts Silberschorf und ColletotrichumJürgen Pickny
unregelmäßig geformten Flecke sind extrem leicht mit Silberschorf zu verwechseln. Eine sichere Diagnose ist hier nur mit guter Optik (25-facher Vergrößerung) möglich. Es lassen sich dann dunkle, etwa 0,2 – 0,5 mm große Punkte (= Myzelzusammenballungen) erkennen. Diese sklerotienartigen Gebilde sind mit dunklen Borsten besetzt und sehen somit völlig anders aus als die Sporenträger des Silberschorfs. Im Gegensatz zum Silberschorf befällt Colletotrichum neben der Knolle auch andere Pflanzenteile. So kann der Pilz das Wurzelsystem zerstören und dadurch eine Welke einzelner Triebe oder der gesamten Pflanze verursachen.

 

 

Der bisherige Standard

Moncut als Flüssigbeize hat eine ca. 60prozentige Wirkung auf Rhizoctonia. Gegen Silberschorf und Colletotrichum wirkt es kaum.

Mit Ortiva wurde das erste Produkt mit dem Wirkstoff Azoxystrobin (250 g/l) zugelassen. Mittlerweile gibt es viele Produkte (siehe Grafik 4, Fußzeile), die den gleichen Wirkstoff und Wirkstoffgehalt haben und auch eine Zulassung zur Furchenbehandlung in der Kartoffel besitzen. Unterschiede gibt es in erster Linie nur beim Preis und bei der Zulassungsdauer (30.06.2024 bis 31.12.2025). Die azoxystrobinhaltigen Mittel können und dürfen nur als Furchenbehandlung ausgebracht werden, weil der Einsatz bei direktem Knollenkontakt zu Auflaufproblemen führen würde.

Bei der Furchenbehandlung wird ohne direkten Knollenkontakt gearbeitet. Die vordere Düse appliziert ca. ein Drittel der Spritzbrühe innerhalb des Furchenschares direkt auf den Boden. Bei dieser Technik sollte mit Flüssigkeitsmengen von 150 bis 200 Liter pro Hektar gearbeitet werden. Der Einsatz dieser hohen Mengen ist notwendig, um möglichst viel Boden zu benetzen und somit hohe Wirkungsgrade zu erzielen. Diese Produkte können in der vollen Aufwandmenge zu Auflaufverzögerungen führen. Deshalb empfehlen wir für leichte Standorte maximal 2,0 l/ha, diese haben sich in der Praxis bewährt. Mittlerweile ist diese Anwendung gerade im Bereich der Bezirksstelle Uelzen zum absoluten Standard geworden. Es gibt allerdings ein Problem: Diese Anwendung hat die Auflage, “keine Anwendung auf drainierten Flächen“. Somit können zahlreiche Flächen nicht mit diesen Produkten behandelt werden.

Ergebnisse zu Allstar

2011 bis 2022 wurde Allstar mit 0,5 l/ha in der Flüssigbeizung und 0,8 l/ha in der Furchenbehandlung geprüft. Als Vergleichsmittel haben wir Moncut 0,5 l/ha in der Flüssigbeizung und Ortiva mit den praxisüblichen 2,0 l/ha in der Furchenbehandlung eingesetzt. Ertraglich waren die Flüssigbeizen fast gleich, Allstar in der Furche lag kurz drunter und weiter unten wiederum Ortiva, wie die Grafik 1 zeigt. Mitte Oktober wurden die Varianten jeweils auf die Krankheiten Rhizoctonia, Silberschorf und Colletotrichum bonitiert. Allstar als Flüssigbeize zeigte bei allen drei Erregern eine bessere Wirkung als Moncut. Die besten Wirkungsgrade wurden durch die Furchenbehandlungen mit Ortiva und Allstar erzielt (Grafik 2). Die Grafik 3 zeigt die Wirkung der Beizmittel nach einer 5-monatigen Lagerung. Diese Bonitur zeigt, dass der Befall mit Silberschorf im Lager generell steigt, aber auch, dass von Allstar und Ortiva eine befallsmindernde Wirkung ausgeht, insbesondere durch die Furchenbehandlungen.

Einstufung und Empfehlung

Anhand langjähriger Versuchsergebnisse haben wir die Mittel in ihrer Wirkung und Verträglichkeit eingestuft (Grafik 4). Die zwei Flüssigbeizmittel Moncut und Allstar, ausgebracht an der Pflanzmaschine, haben beide eine durchschnittliche bis gute Wirkung auf Rhizoctonia. Gegen Silberschorf und Colletotrichum geht nur von Allstar eine Wirkung aus. Beide Produkte sind sehr verträglich.

Sinstar/Ortiva als Furchenbehandlung wurde von uns nicht nur mit der vollen Aufwandmenge von 3,0 l/ha beurteilt, sondern auch mit den geprüften 2,0 und 1,0 l/ha. Die Wirkung gegen alle drei Erreger ist vorhanden und steigt mit der Aufwandmenge, während die Verträglichkeit schlechter wird. Wir empfehlen daher, auf leichten Standorten Sinstar/Ortiva mit 2,0 l/ha einzusetzen. Dies stellt einen Kompromiss zwischen guter Wirkung und einer relativ guten Verträglichkeit dar. Allstar mit 0,8 l/ha in der Furchenbehandlung zeigt eine vergleichbare Wirkung wie Ortiva/Sinstar mit 2,0 l/ha, wobei Allstar verträglicher ist.

Die wichtigsten Auflagen für azoxystrobinhaltige Produkte zur Furchenbehandlung und Allstar in beiden Anwendungen in Kartoffeln zeigt Grafik 5.

Die erste Auflage sollte noch relativ leicht zu erfüllen sein. Allerdings sorgt die zweite Auflage leider dafür, dass Sinstar/Ortiva auf vielen Flächen nicht eingesetzt werden darf. Eine sogenannte Drainauflage besitzt Allstar nicht. Allerdings könnten die beiden aufgeführten Auflagen beim Allstar dazu führen, dass es auf einigen Flächen nicht eingesetzt werden kann.

 

Fazit:

  1. Mit Allstar wurde ein gutes Produkt für die Flüssigbeizung und Furchenbehandlung zugelassen. Der Befall mit Silberschorf, Colletotrichum und Rhizoctonia an der Knolle wird deutlich vermindert und damit die vermarktungsfähige Ware erheblich verbessert.
  2. Auf drainierten Flächen darf nicht mit Ortiva / Sinstar gearbeitet werden. Mit Allstar ist diese Anwendung möglich.  
  3. Die Produkt Mengen werden in diesem Jahr begrenzt sein.
  4. Der Preis ist sehr hoch angesiedelt. Somit werden auch weiterhin Moncut und Ortiva/Sinstar ihre Abnehmer finden.

 

Folgende Grafiken finden Sie im Download-Bereich:

Grafik 1: Beizversuche zwischen 2014 u. 2022, Ertrag relativ

Grafik 2: Beizversuche zwischen 2014 u. 2022, Bonituren im Herbst

Grafik 3: Beizversuche zwischen 2014 u. 2022, Bonituren im Frühjahr

Grafik 4: Einstufung der Beizmittel in Kartoffeln 2024

Grafik 5: Wichtige Auflagen für alle in der Furche zugelassenen azoxystrobinhaltigen

               Produkte und Allstar