Alternariabekämpfung in Kartoffeln 2024
Die Dürrfleckenkrankheit verursacht durch den Pilz Alternaria solani, ist eine der wichtigsten Blattkrankheiten im Kartoffelanbau. Sie tritt in allen Kartoffelanbaugebieten mit deutlichen Jahreseffekten auf. Alternaria solani befällt Kartoffelblätter, -stängel und -knollen. In Niedersachsen muss in spätreifen Verarbeitungs- und Wirtschaftskartoffeln im Durchschnitt mit knapp 9% Ertragseinbußen gerechnet werden. In diesem Artikel werden die Biologie des Erregers und mögliche Bekämpfungsstrategien diskutiert.
Es sind in der Kartoffel zwei Erreger von Bedeutung: Alternaria solani, der die Dürrfleckenkrankheit verursacht. Er entwickelt sich zunächst auf den unteren abreifenden Blattetagen und bildet größere Blattflecken mit konzentrischen Ringen aus.
Diese Blattflecken können mit zunehmender Entwicklung zusammenfließen und bestehen im Inneren aus abgestorbenen brüchigem Blattgewebe. Bei feuchtwarmen Bedingungen findet ausgehend von diesem abgestorbenen Blattgewebe die massenhafte Vermehrung und Verbreitung im Bestand statt. Alternaria alternata hingegen verursacht die Sprühfleckenkrankheit und beginnt mit kleinen Sprenkeln auf den meist noch grünen Blättern. Die Sprühfleckenkrankheit ist im Vergleich zur Dürrfleckenkrankheit weniger ertragsrelevant. Die beiden Alternariaarten treten oft zeitlich versetzt auf. Eine Differenzierung der beiden Arten anhand der Symptome im Feld ist nicht möglich; eine sichere Unterscheidung ist nur durch die Form der Sporen im Labor möglich. Zum früheren Zeitpunkt überwiegen häufig die Sprühflecken, manchmal schon Ende Mai -Anfang Juni, während die größeren Blattflecken der Alternaria solani oft erst Ende Juli-Anfang August auftreten. Im weiteren Verlauf kann es zur Zerstörung des gesamten Blattapparates kommen. Der Pilz kann Toxine bilden, die zu Chlorosen der infizierten Blattstellen führt.
Der Erreger kann mehrere Jahre als Myzel oder Sporen in infiziertem Pflanzengewebe auf oder im Boden überdauern. Ausgehend von diesem bodenbürtigen Inokulum werden im Anbaujahr die neuen Kartoffelpflanzen infiziert. Für eine erfolgreiche Infektion benötigt der Pilz warme Temperaturen (> 22°C) und mindestens 8 Stunden Blattnässe, wobei Tau hierzu bereits ausreicht. Der Pilz nutzt trocken-nass Phasen im Vergleich zu anderen Erregern sehr effektiv zur Infektion aus.
Stress für die Kartoffeln möglichst vermindern
Grundsätzlich sind gestresste Kartoffelpflanzen empfänglicher für Alternariabefall und begünstigen den Epidemieverlauf. Trockenheit oder hohe Temperaturen und dadurch auftretender Nährstoffmangel sowie nachfolgende Starkniederschlägen können Befall fördern. Der Zuflug saugender Insekten bedeutet eine zusätzliche Belastung für die Pflanzen.
Sorten der mittelfrühen bis späten Reifegruppen sind grundsätzlich gefährdeter für ertragsrelevanten Befall. Neben der Reifegruppe sind auch die Resistenz- und Toleranzeigenschaften der Sorten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Für eine sortenangepasste Strategie der Alternaria-Bekämpfung wären umfangreichere Kenntnisse bezüglich der Anfälligkeit von Kartoffelsorten wünschenswert. Die aktuell vorliegenden Daten reichen diesbezüglich bei weitem nicht aus. Der Faktor Beregnung beeinflusst ebenfalls die Befallsentwicklung.
Welche Ertragsverluste kann Alternaria hervorrufen?
In Abbildung 2 ist die relative Ertragsabsicherung durch einen Fungizideinsatz gegen Alternaria seit 2009 nach Jahren in Bezug auf den Knollenertrag in dt/ha abgebildet. Die Daten wurden in Exaktversuchen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen generiert. Wesentliche Einflussfaktoren auf die Ertragswirksamkeit von Alternaria sind die Witterung, die Sorte und der Standort.
Die dargestellten Versuche wurden bewusst in spätreiferen Sorten angelegt, um eine Risikosituation in Bezug auf Alternaria zu schaffen. Seit 2009 wurde in 59 Versuchen ein durchschnittlicher Mehrertrag von 8,5 % ermittelt. In Jahren mit günstigen Bedingungen für Alternaria wurden in Einzelversuchen in anfälligen Sorten Mehrerträge von bis zu 20 % ermittelt, so zuletzt in 2017 & 2021. Andererseits konnten in vielen Versuchen i.d.R. mangels Befall keine Mehrerträge nachgewiesen werden, so zuletzt vor allem in den Dürrejahren 2018 und 2020. Die Ertragsrelevanz der Alternariakrankheiten in Kartoffeln sollten demnach nicht überbewertet werden.
Anpassung von Alternaria an Fungizide
In Jahren mit längeren Trockenperioden in der zweiten Hälfte der Wachstumsphase kann sich Alternaria besonders stark in den Beständen etablieren und für eine vorzeitige Abreife sorgen. Hier gilt es die Bestände aufmerksam zu beobachten und gegebenenfalls durch den gezielten Einsatz mit Alternaria-wirksamen Fungiziden zu schützen. Aber Vorsicht: Aufgrund von fortgeschrittener Resistenzentwicklung bei einigen Wirkstoffen ist ein Wirkstoffwechsel hier unbedingt zu beachten! Eine gezielte Alternariabekämpfung kann vor allem in späten Reifegruppen der Stärke- und Verarbeitungskartoffeln durch den Schutz der photosynthetisch aktiven Blattfläche wirtschaftlich sinnvoll sein. In den Reifegruppen 1 und 2 und in der Pflanzguterzeugung sind Fungizidmaßnahmen gegen Alternaria in der Regel nicht notwendig.
Grundsätzlich stehen zur Alternariabekämpfung Wirkstoffe aus den Gruppen der Triazole (DMI), Strobilurine (QoI) und Carboxamide (SDHI) zur Verfügung. Die ehemals hohe Wirksamkeit von Azoxystrobin aus dem Produkt Ortiva (QoI) gegen Alternaria spp. basierte auf einer sehr spezifischen Wirkungsweise. Vor rund 15 Jahren hat die Mutation „F129L“ im Alternaria-Genom dazu geführt, dass Azoxystrobin gegenüber diesen mutierten Isolaten seine Wirksamkeit verloren hat. Der Anteil dieser mutierten Isolate nimmt seither in der Population stark zu. Eine parallele Entwicklung ist seit 2011 für den Wirkstoff Boscalid (SDHI) im Signum zu beobachten. Ein flächendeckender und gleichzeitig mehrmaliger Einsatz der Mittel Ortiva und Signum hat in den vergangenen Jahren diese mutierten Isolate in der Population selektiert. Das Resultat ist eine Alternariapopulation in Deutschland, die mit regionalen Unterschieden zunehmend schlechter und zum Teil nicht mehr ausreichend durch diese Mittel bekämpfbar ist. Versuche in Niedersachsen belegen seit Jahren einen stark fortgeschrittenen Rückgang der Feldwirkung für Ortiva und Signum. Diese beiden Mittel sollten demnach maximal einmal bei geringem Infektionsdruck in der Alternariaspritzfolge eingesetzt werden.
Richtiger Startzeitpunkt der Alternaria-Bekämpfung wichtig!
Entscheidend für eine erfolgreiche Bekämpfungsstrategie ist der richtige Zeitpunkt der ersten Alternaria-Behandlung. Nur wenn rechtzeitig in der kritischen Phase zu Beginn der Alternaria-Epidemie eingegriffen wird, lassen sich hohe Bekämpfungserfolge erzielen. Der optimale Termin für die erste Alternaria-Spritzung liegt ca. acht Wochen nach dem Auflaufen der Kartoffeln. Laufen die Kartoffeln Mitte Mai auf, wäre der Start um den 10.Juli. In später aufgelaufenen Kartoffeln, wie es in diesem Jahr wahrscheinlich in Niedersachsen witterungsbedingt der Fall sein wird, verschiebt sich der Beginn der Alternariabehandlungen entsprechend. Spätestens sollte jedoch beim Sichtbarwerden der ersten Symptome im mittleren Blattapparat mit der Behandlung begonnen werden. Die erste Spritzung sollte mit einem wirkungsstarken Alternaria-Spezialprodukt durchgeführt werden. Die derzeit wirksamsten Mittel mit etwa gleichen Wirkungsgraden sind Propulse (Prothioconazol + Fluopyram), Belanty (Mefentrifluconazol), Revus Top (Difenoconazol + Mandipropamid) und Narita (Difenoconazol). Tabelle 1 listet die derzeit zugelassenen alternariawirksamen Produkte mit Bewertung auf.
Nach erfolgter erster Alternariaapplikation mit einem Spezialfungizid ca. 8 Wochen nach Auflaufen sollten Folgebehandlungen mit alternariawirksamen Produkten im 14-tägigen Rhythmus erfolgen. Dabei können selbstverständlich Tankmischungen in Kombination mit Krautfäulefungiziden zum Einsatz kommen. Der Fungizidschutz sollte bis Anfang September erhalten werden, sonst sollte die letzte Maßnahme 2-3 Wochen vor der Krautabtötung erfolgen. Bisherige Versuchsergebnisse zeigen, dass Propulse und Belanty zu den leistungsstärksten Produkten zur Bekämpfung von Alternaria in Kartoffeln zählen (Abb. 3).
Resistenzentwicklung bei Krautfäulefungiziden mitberücksichtigen!
Die Alternariastrategie muss auch an der Krautfäulestrategie ausgerichtet werden.
Im Jahr 2023 zeigten sich in Niedersachsen Minderwirkungen einzelner Krautfäulefungizide, sowohl in Versuchen als auch auf Praxisflächen. Hiervon betroffen sind die Fungizide aus der Wirkstoffgruppe CAA (FRAC Code40), darunter fallen Mandipropamid (Revus, Revus top, Carial flex) Dimethomorph (z.B. Banjo forte), Benthiavalicarb (z.B. Versilus) und Valifenalate (Voyager). Ursache für die Resistenz der CAA Fungizide ist eine Mutation, die zunächst in Dänemark aufgetreten ist und sich mit 1 – 2 Jahren Verzögerung bis in die Niederlande verbreitet hat. Spätestens im Jahr 2023 haben sich CAA-resistente Isolate auch in Nordwestdeutschland stark ausgebreitet. Von den Alternariafungiziden ist hiervon das Revus top betroffen.
Wir empfehlen, die CAA Fungizide nie in bestehenden Krautfäulebefall anzuwenden und zu höchstens 50% der insgesamt vorgesehenen Krautfäulemaßnahmen einzusetzen, damit eine permanente Selektion vermieden wird. Außerdem sollten Fungizide immer in der vollen Aufwandmenge und max. in 2 aufeinander folgenden Behandlungen angewendet werden. Bei hohem bis mittlerem Krautfäuledruck sollten sie mit Cymoxanil, Fluazinam (z.B. Shirlan) oder Cyazofamid (Ranman top) kombiniert werden. Sollte also z.B. Revus Top solo gleichzeitig zur Krautfäule- und Alternariabekämpfung zum Einsatz kommen, wäre ein Mischpartner wie z.B. Shirlan notwendig. Parallel zur Entwicklung bei den CAA Fungiziden wurden in 2023 Minderwirkungen von Zorvec Produkten mit dem Wirkstoff Oxathiapiprolin beobachtet. Die Empfehlungen zur Resistenzvermeidung bei CAA Fungizide gelten gleichermaßen auch für Zorvec Produkte und sollten in der Strategie zur Alternariabekämpfung berücksichtigt werden. Tiefergehende Informationen dazu finden Sie im Artikel zur Krautfäulebekämpfung unter dem Webcode 01043163.
Bienenschutz beachten!
Beachten Sie die Änderung der Bienengefährdung, wenn Azol-haltige Fungizide (Propulse, Belanty, Revus Top, Narita, Dagonis) mit Mospilan/Danjiri in Tankmischung gefahren werden, die Bieneneinstufung ändert sich dann von B4 auf B1 ! Diese Mischung darf dann nicht in von Bienen beflogenen Beständen ausgebracht werden (Honigtaubildung durch Blattläuse oder blühende Unkräuter im Bestand). Auch bei der Kombination der o.g. Azole mit Pyrethroiden ändert sich die Bieneneinstufung von B4 zu B2. Um eine mögliche Gefährdung der Bienen zu vermeiden, ist es ratsam, beim Einsatz der Alternariaspezialisten auf den Zusatz von Insektiziden zu verzichten.
Bienengefährliche Pflanzenschutzmittel (B1) |
Bienengefährliche Pflanzenschutzmittel (B2) |
Dürfen nicht auf Feldern eingesetzt werden, die von Bienen beflogen werden. |
Dürfen nicht auf Feldern eingesetzt werden, die von Bienen beflogen werden Außer nach dem tägl. Bienenflug bis 2300 Uhr. Sind Zweifel hinsichtlich des Bienenfluges vorhanden, ist immer die Imkerin oder der Imker vor Ort zu Rate zu ziehen. |
Tabelle 2 zeigt die Änderung der Bienengefährlichleit bei Kombination von Azolen mit Insektiziden.
Alternariabekämpfung – Fazit für die Praxis
- Bekämpfung in späten Stärke-, Industrie- und Speisekartoffeln am sinnvollsten
- Sortenanfälligkeit beachten – eigene Erfahrungen nutzen!
- Stressfaktoren wie Trockenstress, Blattlausbefall und Nährstoffmangel vermeiden
- Erste gezielte Alternaria-Spritzung 8 Wochen nach Aufgang (Kritische Phase)
- Wirksamste Mittel: Propulse, Belanty, Revus Top, Narita
- Letzte Maßnahme sollte 2 bis 3 Wochen vor Krautabtötung erfolgen
- Resistenzbildung durch Wirkstoffkombination und – wechsel vermeiden!
- Aus Gründen des Bienenschutzes möglichst Kombinationen von Azolen mit Insektiziden vermeiden
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Kontakte
Petra Henze
Mykologie und abiotische Schadursachen
Dr. Hendrik Hanekamp
Leiter Sachgebiet Mykologie und abiotische Schadursachen
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